Die Gefangenschaft König Richards I. „Löwenherz“ von England 1193/94

Die (erfundenen) Befreiung König Richards I. „Löwenherz“ von England durch seinen mutmaßlichen Minnesänger Blondel ist die bekannteste Erzählung zur Burg Trifels: Auf der Suche nach seinem gefangenen Herrn zog Blondel von Burg zu Burg. Am Gesang erkannte Löwenherz den Troubadour, der ihn daraufhin befreien konnte. Hier ein Auszug aus der umfangreichen und stark ausgeschmückten Erzählung aus dem Jahr 1836:

[…]
„Dies Lied, das er mit mir so gern anstimmte, wird zeigen, ob König Richard hier ist!“ So sprach er bei sich, trat an den Graben der Burg, rührte die Saiten, und sang:

Ich glaubte mich verlassen,
Mein Herz war trüb‘ und wild,
Die Menschen mußt‘ ich hassen,
Und sah nur schwarzes Bild! –

Er lauschte, und – vernahm bald darauf den Klang einer Zither im Innern des Thurms, und eine Stimme, die mit der zweiten Strophe des Liedes fortfuhr:

Da lächelte mir wieder
Ein rosenrother Mund;
Versöhnung stieg hernieder,
Mein Herz war neu gesund! –

„Das ist Richard’s Stimme!“ rief er freudig, und schon zeigte sich eine Gestalt im Dunkeln auf der Mauer, und rief leise herab: „Blondel!“ – „Ich bin es, mein König!“ –„Freund, wie kommst Du hieher?“ – „Ich suchte Euch in allen Landen. Heil uns! Ihr seid gefunden, und wir retten Euch!“ […]

Karl Geib, Richard Löwenherz, 1836.
*Nach Alexander Thon: Von Märchen, Mythen und Sagen. Erzählungen zu 28 ausgewählten Burgen in der Pfalz und im Nordelsass, Lahnstein 2024, S. 166.

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Die Gefangenschaft des Margarito auf Burg Trifels (um 1195)

Die Gefangenschaft des Flottenkommandanten Margaritos von Brindisi auf Burg Trifels hat kaum zur Legendenbildung inspiriert. Margarito, von deutscher Seite aus gern als Seeräuber tituliert, hatte während des sizilischen Aufstandes gegen Kaiser Heinrich VI. und seinen Kommandanten Markwart von Annweiler gekämpft.  Nach der Niederlage um Sizilien wurde Margaritos auf Burg Trifels inhaftiert.
Johannes Hüll widmete sich 1881 in einem Gedicht dem inhaftierten Margarito und beschreibt seine Qualen. Ob der Gefangenen als Strafe tatsächlich „geblendet“ wurde, ist nicht belegt.

[…]
Im Turme liegt Margarita,
Der Räuber vom sicilianischen Meer,
Und träumt von seiner Roswitha,
Daß wieder sein Eigen sie wär.
Ihn trägt die schwimmende Barke,
Der Liebsten Schoß wiegt sanft sein Haupt;
Einst hat sich der Wilde, der Starke,
Die Grafentochter geraubt.
[…]
Die Möve umkreist die Masten,
Die Feinde nahen zur grimmigen Schlacht;
Ein Wüten, Stürmen und Hasten,
Und Donner auf Donner kracht.
Die wilden Gesellen erzittern
Nicht, gält‘ es zum Sterben den Kampf um die Welt,
Und aus den Schlachtengewittern
Schlägt sich der mutige Held. –

Vorbei ist des Kampfes Wüten,
Erloschen des Armen wonniger Traum.
Voll Trauer, im dumpfen Brüten,
Durchwälzt er den feuchten Raum,
Beraubt seiner Augen Krystalle,
Muß schmachten er viele Jahre schon;
Umsonst zur fürstlichen Halle
Ringt sich sein Klageton!
[…]


Johannes Hüll, Margarita auf dem Trifels, 1881.
*Nach Alexander Thon: Von Märchen, Mythen und Sagen. Erzählungen zu 28 ausgewählten Burgen in der Pfalz und im Nordelsass, Lahnstein 2024, S. 178.


 

  • Gut zu wissen: Zahlreiche Legenden und Erzählungen ranken sich um die Burgen der Pfalz und des Oberrheins. Sie handeln von geheimnisvollen, mythischen und auch grausamen Geschichten, die sich angeblich im Mittelalter dort zugetragen haben sollen. Aufgeschrieben und ausgeschmückt wurden sie im 19. Jahrhundert, in dem das Mittelalter wiederentdeckt wurde.
  • *Die Erforschung der Erzählungen wurde finanziert durch das Projekt INTERREG Burgen am Oberrhein. Lesen Sie hier den gesamten Forschungsbericht.